Beziehungskonflikte auf Grund der Corona-Krise?
Die aktuelle Situation ist unübersichtlich. In den vergangen zwei Wochen hat sich in meinem und im Leben vieler anderer Menschen eine Menge verändert. Veränderung ist per se nicht negativ, allerdings kann zu viel an Veränderung und Verunsicherung eben auch zu Überforderung und Angst führen.
Damit haben wir jeder für sich, mehr oder weniger, innerlich eine Menge zu tun. Das führt vermutlich auch zu Beziehungsstress und vermehrt zu Konflikten zwischen Partnern.
Vermeintlich nicht in die Zukunft schauen zu können, nicht zu wissen, wann das alles vorüber ist, führt zu Unsicherheit. Das was uns Struktur und Halt gegeben hat, zum Beispiel regelmässige Arbeits- und Freizeitphasen, bricht im Augenblick weg.
Der Mensch hat allerdings im allgemeinen ein Struktur-Bedürfnis. Zeit will strukturiert und geplant werden. Zeit will auch ritualisiert und aktiv gestaltet werden. Das gilt ebenso für die Partnerschaft. Jetzt ist auf der einen Seite Kreativität gefragt auf der anderen Seite gilt es zu lernen mit der Ungewissheit und den Ängsten umzugehen.
Häufig auf Grund unterschiedlicher Bindungsstile löst diese aktuelle Globale-Krise eben Ängste in der Partnerschaft und konfliktträchtiges Verhalten aus.
Vermeintlich sichere Beziehungen werden im Streit unsicher. Die Angst vor Verlust führt zu Eskalation und intensivem Streit. Die äußeren und inneren Zustände lösen Angst aus und haben einen großen Einfluss auf die Partnerschaft. Für den einen führt das zu Rückzug und für den anderen wiederum im Verhalten zum Klammern. Die Dynamik die dadurch entsteht, lässt nicht wirklich viel Luft zum Atmen.
Regelmäßig stellen wir uns die Frage in einer Partnerschaft:
Wirst du für mich da sein?
Bleibst du bei mir?
Nimmst du mich wahr?
Siehst du mich?
Hörst du mich?
In einem Streit untereinander werden Ängste ausgelöst. Teilweise sogar Panik. Es wird bedrohlich, unsicher, instabil. Alles steht plötzlich auf dem Prüfstand.
Klassische Glaubenssätze die unter Stress daraus folgen sind:
Du hast mich nicht verdient.
Du wirst nicht da sein für mich.
Du wirst meiner irgendwann sowieso überdrüssig.
Irgendwann wirst du mich verlassen
Alles mach ich falsch – nie kann ich es dir recht machen.
Du liebst mich doch sowieso nicht.
Zwei Optionen scheinen unter Stress den Partnern in solchen Situationen zur Verfügung zu stehen. Wenn wir befürchte eine Bindung zu verlieren, ziehen wir uns eventuell auf unseren persönlichen Hochsitz zurück. Von dort oben schauen wir mit der größtmöglichen Distanz herunter und hoffen, dass es bald vorbei ist.
Die anderen Option besteht darin, sich möglicherweise massiv anzupassen, sich zu bemühen, die Liebe zu verdienen, einzufordern und zu einem Klammeraffen zu degenerieren.
Diese Dynamik ist für beide Seiten sehr, sehr anstrengend, fordern die aktuellen Ereignisse schon sowieso sehr viel von jedem von uns ab. Die Corona-Krise befeuert die Ängste der beiden Parteien, von Außen und Innen scheint die Kontrolle ebenso verloren zu gehen.
Wir reduzieren unser Verhalten unter Stress auf Angriff, Flucht oder fallen in eine Schockstarre. Ohne Reflexion und Aktivierung des Erwachsenen-Ichs, welches für die Selbststeuerung notwendig ist, verlieren wir den Bezug zur Realität und klammern uns verzweifelt und aus Angst an alte „Kindheits-Strategien.
So sind wir in einem Beziehungskonflikt im Moment doppelt bedroht. Die Umgebung ist unsicher und unstrukturiert. Die Beziehung selbst empfinden wir in solchen Momenten auch als unsicheres Gelände und wir scheinen wenig in der Hand zu haben, um uns selbst zu beruhigen.
Die Emotionen führen dazu, dass die Eskalation nicht aufhaltbar erscheint. Angst steuert mich und meinen Gegenüber.
Der eine Partner fordert, der andere zieht sich zurück. Beide werden getrieben von ihren Ängsten. Das wiederum führt zu Aggressivität, zu Verletzung. In der Regel werden wir in solchen Situationen nicht erst Denken und dann Handeln. Im Gegenteil, in der Regel werden wir Angreifen, uns verteidigen und uns oder den anderen abwerten.
Dies tun wir auf Grund früherer Beziehungs- und Bindungserfahrungen. Unsere Lösungen in solch herausfordernden Beziehungskonflikten sind die Strategien des kleinen Mädchens oder des kleinen Jungen von damals.
Ein Anfang aus dem Beziehungs-Drama heraus ist gemacht, wenn beide nachvollziehen, was sie gerade da mit einander anstellen und verhandeln.
Ein Phasenwechsel im hochemotionalen Moment ist eine Möglichkeit, um die folgende Zeit jeder für sich zu nutzen, um zu verstehen, was an Gefühlen dazu geführt hat.
Es geht dabei nicht darum auf eine „Sachebene“ zu wechseln, sondern sich seinen und den Emotionen des anderen bewusst zu werden. Diese Emotionen eben auch anzusprechen.
Gerne stehen wir Dir/Euch für ein Beratungsgespräch per Skype zur Verfügung.
Peter Bremicker